14.08.2019

Den Bullen keine Anerkennung – Haltung bewahren, für unsere Werte!

von Wuhlesyndikat in Allgemein

Liebe Unioner,

vor 5 Tagen haben wir Euch darüber informiert, dass wir, in Absprache mit vielen Fanclubs und der aktiven Szene, zum Spiel gegen RB Leipzig – wie bereits bei den beiden Heimspielen 2014 und 2015 – die ersten 15 Minuten aus Protest gegen die Besitzer des Gegners schweigen wollen. Seither haben viele Medien diesen Boykott in ihrer Berichterstattung kommentiert, in den sozialen Medien wird intensiv diskutiert und uns erreichten auf diversen Wegen viele direkte Meinungsbekundungen hierzu. Dabei gab es sowohl Unterstützung für unser Vorhaben als auch Kritik.

Was wir feststellen konnten: Auch bei den zahlreichen Kritiken wurde meist nicht die Ablehnung gegen RB Leipzig – also der eigentliche Grund des Boykotts – kritisiert, sondern oft die Art und Weise und der „ungünstige“ Zeitpunkt unseres Protests, handelt es sich hierbei doch ausgerechnet um unser erstes Bundesligaspiel. Dies ist etwas, was uns zunächst positiv stimmt und zeigt, dass unsere bisherigen Protestkampagnen in den vergangenen Spielzeiten ihre Wirkung nicht verfehlt haben. RB Leipzig bekommt keine Akzeptanz. Als Grund dafür sehen wir ganz klar die entschiedenen und vielfältigen Protestaktionen, bei uns und bei anderen Fanszenen. Nichtsdestotrotz muss erwähnt werden, dass RB scheinbar auch in Teilen unserer Fanszene ein Stück weit „angekommen“ ist, ebenso in natürlich größerem Maße in der allgemeinen Öffentlichkeit. Ein weiterer, entscheidender Grund, den Protest lebendig zu halten. Egal wie lang dieses Konstrukt auch noch durch Fußballdeutschland geistern wird, ein Spiel gegen dieses kann nie ein normales Spiel sein! Und ja, ein Stimmungsboykott stellt eine drastische Maßnahme dar. Das ist uns und allen Beteiligten bewusst. Jedoch sollte ebenfalls klar sein, dass es im Stadion wohl kaum eine wirkungsvollere Protestform geben kann. Weder durch Choreographien noch durch Spruchbänder oder dergleichen kann eine entsprechende Aufmerksamkeit erzeugt werden. Derartige Formen sind in unserem, wie auch in anderen Stadien (noch) alltäglich und erfahren daher nur selten besondere Beachtung. Ein ruhiger, stiller Protest dagegen ist etwas Nichtalltägliches und unterstreicht, dass dies für uns niemals ein Spiel wie jedes andere sein wird. Zudem sei nochmal erwähnt, dass es nicht um ein bloßes Schweigen geht, sondern auch – wie in der vorherigen Ankündigung genannt – eine begleitende optische Aktion geben wird, die sich mit unseren Werten befasst und zeigt „wofür“ wir stehen und was wir kritisieren. Diese optische Begleitung wird auch die Aktion zu Ehren unserer ehemaligen Mitstreiter auf den Rängen nicht beeinträchtigen. Auch hier wurde sich intensiv ausgetauscht und ein Kompromiss gefunden, um diesen wichtigen Moment zu würdigen.

Der kommende Spieltag ist ein historischer in Unions Geschichte. Und auch ein großer Teil der Fußballwelt wird nach Berlin-Köpenick schauen. Zu dem kleinen Berliner Verein, der eigentlich schon mehrfach tot war. Den engagierte Fans in den 90ern durch einmalige Aktionen vor dem Untergang bewahrten, der durchmarschierte bis ins Pokalfinale, der abstürzte ins Nichts der Oberliga und doch wieder auferstand. Der einen langen, steinigen Weg des wirtschaftlichen Wachsens gemeinsam mit seinen Fans hinter sich gebracht hat und nun hier am Ziel seiner Träume einem Gegner gegenübersteht, der genau das Gegenteil dessen verkörpert, was wir sind. Dieser 17 Mitglieder zählende Verein spielte vor 6 Jahren noch in der 3. Liga, 2016 schon folgte der Aufstieg in die erste Liga und bereits im Jahr darauf wurde er Vizemeister. Nicht durch ehrlicher Hände Arbeit und Entwicklung, sondern durch die Übernahme eines Amateurvereins, durch massiven Geldeinsatz und zu einem einzigen (Werbe-)Zweck. Das alles werden wir am Sonntag sehen und das sieht auch die Fußballwelt, die auf uns schaut. Viele unserer Weggefährten der vergangenen Jahre haben sich für Union gefreut, dass wir diesen Aufstieg gegen alle Widerstände geschafft haben. Und sie werden am Sonntag auf uns schauen und gespannt sein, wie wir diesem Gegner entgegentreten. Jubeln und feiern wir alle Kritiken und Proteste der Vergangenheit weg, jetzt wo wir „oben“ und Teil des Ganzen sind? Wie siehts aus mit unseren Werten und Traditionen, die durch so viele Aktionen in der ganzen Bundesrepublik bekannt sind? Heute alles nicht mehr wichtig? Genau die Tatsache, dass wir nun unser erstes Bundesligaheimspiel begehen werden und gleichzeitig gegen einen der größten Feinde unserer Werte protestieren, unterstreicht noch einmal die Dringlichkeit dieser Angelegenheit, die beim besten Willen nicht irgendeiner „Ultrà-Laune“ entwachsen ist! Es schmerzt, das erste Bundesligaspiel unseres Vereins in einem solchen Rahmen begehen zu müssen und doch liegt hier die große Chance, zu beweisen, dass wir genau deshalb ein Gewinn für die Bundesliga sind – weil wir bereit sind, für unsere Werte und unsere Art der Vereinskultur zu kämpfen und Opfer zu bringen.

Union und seine Fanszene haben in der Vergangenheit viele Kämpfe bestritten. Gegen die Insolvenz 1997, auf der Fandemo 2002, gegen die Lizenzauflagen des DFB 2004, gegen den Senat um das Stadion 2008, auf der 2. Fandemo 2010, gegen das Sicherheitskonzept der DFL 2012 und zuletzt gegen RB Leipzig. Wir haben nicht alle Kämpfe gewonnen, aber wir haben auch nie aufgegeben. Wir werden am Sonntag, einem so wichtigen Tag für den 1.FC Union Berlin, das tun, was wir immer getan haben: Haltung bewahren. Wir werden unseren Protest 15 Minuten lang durchziehen. Wir werden es auch im nächsten Jahr tun und wir werden es in 10 Jahren tun, wenn es nötig ist! Bei Union haben wir stets kontrovers Meinungen diskutiert und es werden auch immer andere Meinungen akzeptiert. Das ist ebenfalls ein Teil unseres Werteverständnisses. Wir sind keine Ultraszene, die Ihre Ansichten und Meinungen anderen aufzwingt. Aber wir werben für unsere Ansichten und wir werben dafür, wie so oft in unserer Geschichte, gemeinsam zu handeln und gemeinsam ein starkes Bild abzugeben. Sowohl in den ersten 15 Minuten als auch in den 75 anschließenden Minuten dieses für uns einmaligen Moments, in denen wir unsere Mannschaft und unseren Verein aus voller Kraft wie gewohnt unterstützen werden.

Wuhlesyndikat 2002

Gemeinsam Eisern!